Mittwoch, 25. Mai 2011

3000 Stufen gefällig?

Und es war Sommer.... ja, Shijiazhuang kennt nur 2 Jahreszeiten: Winter und Sommer. Und jetzt ist grade Sommer! Also ist es schön warm. Was macht man an warmen Tagen? Gewaltmärsche oder Gebirgsexkursionen. Genau! Letzteres war uns bestimmt und unter dem Deckmantel der "local experience" and der "chinese culture, you must come and see" untergeschoben worden.

Da die Aktion am Tag nach Susannes Geburtstag war, hat Lucy als Reiseleiter den Treffpunkt in der Hotellobby von 08:00 Uhr morgens auf 11:00 Uhr nicht ganz so früh morgens korrigiert. Mann, das war vielleicht klasse und doppelt schön, weil die Shaolin Kloster Erforscher Carlos, Duli und Dan (mit Emily im Schlepptau) morgens schon um 07:55 Uhr ein Taxi entern mussten.

Wir verliessen dann pünktlich um 11:30 Uhr die Lobby - Mr. "Give me 2 minutes"-Mukul hatte wieder zugeschlagen. Mit freudiger Erregung sahen wir dann den Bus vor unserer Nase abdampfen und warteten in der prallen Sonne 25 min auf die nächste bereifte Transportkonserve.

Jetzt fragt wieder jeder: Muss der immer so gemein reden? Warum kann er nicht einfach mal Bus sagen?
Erklärung:
1.) Beim Buseinstieg geht es zu wie beim Justin Bieber Konzert in der Schleyerhalle und x-tausend durchgeknallte Kids versuchen gleichzeitig durch eine einzige 80cm breite Tür zu schieben, um ja in der ersten Reihe stehen zu können.
2.) Wer nicht in der ersten Reihe landet, hat keinen Sitzplatz für die nächste Stunde
3.) Der Bus ist voller als eine Sardinenbüchse (egal ob Sardinen in Wasser, in Öl, mit oder ohne Haut und Gräten!)

Mit ein wenig Resterfahrung und Kampfkunst aus deutschen Fussballstadienstehtribünen und dem MoshPit früher 80er Jahre Heavy Metal Konzerten konnte ich ein wenig helfen, daß wir alle in den Bus kamen und die meisten einen Sitzplatz ergattern konnten. Ja... meine Größe und das Lebendgewicht sind hier mal bei den schmächtigen Asiaten auch von "massivem" Vorteil gewesen.

Die Fahrt sollte 50min dauern und nach ca 15min hätte ich mir gewünscht keinen Sitzplatz ergattert zu haben. Leider war der Bus so voll, daß ich nicht aufstehen konnte, um meinen Sitzplatz einem asiatischen, würgreflexbefreiten, sardinenmässig eingequetschtem Lebendwesen zu überlassen.
Die Familie im und um den Sitz vor mir hatte da eine ganz besondere "local experience" für mich performed.
Vater saß auf dem Sitz vor, ein ca 1,5 Jahre altes Kleinkind auf dem Arm und hatte ein Plastiktütchen in der Hand. Zwischen Papa und den nächsten Sitz hatte sich eine etwas ältere Tochter gequetscht - ich würde mal ca. 7 Jahre alt schätzen - und daneben stand Mama.

Nachdem das Kleinkind die ersten 15 min mit Wehgeschrei verbrachte, hatte es auf reinen Lärm scheinbar  keine Lust mehr und erbrach sich mal auf Papas Arm. Papa wiederum wischte das ganze locker mit blanken Hand in seine Tüte und verschmierte den Rest auf seiner Jacke. (Beim Aussteigen von Papa sah ich dann auch, wo der Rest hin war... auf den Sitz und dann auf Papas Hosenboden! Lecker!) Danach grinste Mama kurz, deutete auf die Tüte (leicht durchsichtig rosa) und zeigte den Mitfahrenden, was sie so als Mageninhalt zu bieten hatte. Und weil Busfahren in China Familiensache ist - hat halt die ältere Tochter (bereitwillig?) ihren Mageninhalt in Papas Tüte gespendet. Wenn ich nicht das Gefühl gehabt hätte, die Tüte sei voll, dann hätte ich nachgelegt.

Nach knapp 40 min Fahrt und unterdrücktem Würgreiz erschloss sich mir schlagartig der Grund für die Busfülle: Diese Route fährt am Zoo von Shijiazhuang entlang! Eine Station und schwupps... waren Ausländer die größte ethnische Gruppe im Bus!

 Und pünktlich nach 50min kamen wir an: We're going to hike the mountain - Baoduzai!

Nach der nur von aussen durchgeführten Inspektion des Happy Place (wer nicht weiss das ist, liest bitte meinen vorherigen  Blogeintrag!) entschied ich mich für die Variante "Ich muss erst oben auf dem Berg pinkeln oder mach mir lieber meine Hose nass, als das Klo zu benutzen".

Während unsereiner auf den stillen Ort wollte, hatte unser Kollege Thiago aus Brasilien mal kurz seinen nächsten Fanclub auf dem Busparkplatz eröffnet.
Darf ich den mit nach Hause nehmen, Mama?

Die Mutter der jungen Dame wollte ihn gerne als Schwiegersohn: Thiago sei so hübsch und hätte so sanfte Haut! (Woher wusste sie das eigentlich? Also das mit der Haut, meine ich?) Unser Angebot Thiago für 5000 Yuan in eine chinesische Zwangsehe zu verkaufen - Lucy hatte das hoffentlich übersetzt - und so unseren Ausflug für den Rest der Gruppe zu refinanzieren, nahm sie leider nicht an. Ich kam ins Grübeln, warum wohl nicht.... 

Dann ging es einen leichten Anstieg rauf und der Berg sah auch nicht soooooooooooooooooo hoch aus, so daß wir Lucys Hinweis auf die Seilbahn mit einer lässig, elegant-überheblichen Handbewegung wegwischten.
Auch dieses Schild konnte uns nicht vom "Yes, we can" Spirit abbringen:
Dieses Schild sagt dem klugen Leser: Nimm die Seilbahn!
In 330m Höhe -> Seilbahnzwischenstation
In 580m Höhe -> ist oben=Gipfel
3068 Stufen -> One way voraus!

Und so sah es aus, als wir um die Ecke bogen....
Ätsch-Bätsch, Ihr Langansen!

Kommt mir jetzt doch steil und hoch vor....

Und so ging es weiter....
Ich muss mal! Ich will ein Eis! Mir ist Langweilig!
Sind wir bald da? Warum nur Stufen?
Vorne rechts: Der indische Stufenkönig Mukul S. und daneben
Shruthi W., ebenfalls Indien

Seilbahnhaltestelle auf Mitte des Weges

Steiler geht immer!


Nach ca 75 min kamen wir denn dann oben an und die Aussicht entschädigte für die Strapazen, oder besser sie würde, wenn es nicht diesig gewesen wäre.


Wie? Wegen dem Torbogen sind wir hier hoch?


Danach gab es eine ausgiebige Fotosession mit so ziemlich jedem Chinesen, der ebenfalls dort oben war. Fast unablässig wollten sich Menschen mit uns dort fotografieren lassen, als wenn wir die ersten Ausländer auf dem Berg jemals gewesen wären und eine echte Attraktion.

Thiago und sein oben auf dem Berg Fan-Club!
Sein Preis war auf 10.000 Yuan gestiegen und die Dame
rechts wollte ihn schon mit nach Hause nehmen.


Anschliessend besichtigten wir den "Scenic Park" hinter dem Torbogen. Dort sollte es einen hübschen Wasserfall geben - den haben wir nicht finden können, dafür aber überall diese Stelen mit chinesischen Schriftzeichen.
Nach einer ausgieben Wasserfallsuche - die vergeblich endete - gingen wir zu einem Mittagessen in einem fragwürdigen Etablissement über. Selbst unsere indischen Kollegen waren von diesem nicht wirklich überzeugt. Aber wir haben es alle gut vertragen und es gab keine verdauungsbedingten Ausfälle.

An dieser Stelle folgte eine kurze Diskussion, ob wir nicht wieder runter vom Berg sollten oder noch ein wenig "Wasserfallsuche" spielen wollen.

Am Ende überraschte uns der Park doch noch positiv: es gab einen unterirdischen Buddhatempel und eine tolle "Drachenwand", die das ganze Team begeistern konnten.


Es gab noch ein beschaulichen und ziemlich ungepflegten Lotusblüten-Tümpel, dessen Anblick ich Euch hier ersparen möchte. Als Ersatz das erbaulichere Foto der uns begleitenden Damenriege von China Team 13
von rechts nach links:
And...ääääh, Susanne, Susanna, Shruthi, Lucy und Andrea!

 Zu weiteren Erbauung und zu meinem Erstaunen, was es im alten China noch so gegeben hatte, sahen wir einen "elektrischen Bullen".
Wie hat man den in der Ming Dynastie mit Strom versorgt?


Neben diesen Impressionen immer wieder gerne genommen - chinesische Schilderwaldrätsel:
Ok, wir achten mit Gnade auf die schöne Blume!

Aber wo zum Teufel ist diese Blume?
Mehr Funny Signs gefällig? Ok....
Sind Touristen immer "Wilde"?



Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!


Kein Schild! Es ist Andrea!
a là Monthy Python: "I like chinese!"

Runter vom Berg ging es dann doch per Seilbahn, da es sonst ziemlich spät geworden wäre und wir keinen Sardinien-Büchsen-Bus für die Heimfahrt bekommen hätten. Genauso voll wie auf dem Hinweg, aber ohne Spucktüte diesmal.

Alles in allem ein gelungener Ausflug und wieder mal bleibt mir nur zu sagen "Thank you, Lucy!"

Und wie könnte man einen solchen Tag schöner beschliessen als mit einem Waschbecken voller Wäsche?
Die Reinigung hält nichts von Socken und Unterwäsche -
wir haben daher ein Motel mit gelegentlichem Zeltlager-Feeling.

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