Letzten Samstag hatten Dan und ich unseren nächsten Präsentationstermin an der Universität. Mit genau so aufregenden und atemraubenden Themen wie beim letzten Mal.
Mal schauen, ob wir wieder den Level „Boredom of death“ erreichen können.
Ich denke wir konnten....
Vor einer deutlich kleineren Zahl an Zuhörern... aber Stop! Da fehlt noch etwas...
Wir wurden um 13:30 Uhr von Jack, dem Studenten der uns betreut, am Hotel abgeholt. Zur grossen Überraschung seiner Passagiere war der Fahrer (der gleiche wie bei unserem ersten Termin) in der Lage zu einem in China allgemein üblichen Fahrstil zurückzufinden.
Schwuppdiwupp waren wir an der Universität. Frohlockten wir noch vor der Abfahrt, daß es heute nicht so heiß sei wie beim letzten Mal, wurden wir bitter enttäuscht. Wenn man in Jeans, Hemd und Sakko mit einem kombinierten Foto/Notebookrucksack in der prallen Sonne über einen Uni Campus für 20000 Studenten geht, wird es trotzdem warm und feucht unter der Achsel.
Wir hatten Jack überredet uns vor dem Termin noch einen Einblick in sein Studentenwohnheim auf dem Campus zu geben. Wir erreichten irgendwann Gebäude 16, 3 Stock (kein Aufzug) und das Zimmer 323. Alles in einem Zustand, der in Deutschland wahrscheinlich zu Unruhen führen würde gegen die der Protest bzgl Studiengebühren ein kleines, laues Lüftchen sein dürfte.
Die Jungs wohnen also zu sechst in einem Raum, der kleiner ist als mein Motelzimmer im fabulösen „MOTEL 168 Super“. 3 Stockbetten mit einer Art Schreibtischaufsatz für das Notebook und ein paar Schliessfächer stellen fast das gesamte Mobiliar dar. Dann ein vollgestopftes Regal mit lokaler Literatur – von der ich nicht alles als Fachliteratur identifizieren würde, mir aber keinesfalls sicher sein kann. Den Einblick in das raumeigene „Waschzimmer“ war.... sagen wir mal, daß man diesen Teil wohl noch öfter vom Reinigungsplan ausklammert als den Rest aller anderen Räume. Mag sich jeder selber denken, was das bedeutet. Mit Rücksicht auf die Bewohner haben wir auf Fotos – ausser einem Gruppenfoto verzichtet. Die Frage nach einer Toilette wurde bejaht, aber mit dem Wunsch verknüpft, uns das ersparen zu dürfen.... „...es sei da nicht soooooooooooo sauber...“
Man bot uns noch ein Stück Melone als Erfrischung an, platzte uns auf einen Hocker (es gab je einen Hocker pro Besucher, keine Angst...) und wir genossen die Gastfreundschaft. Ausserdem erleichterte das gelegentliche Essen die Überbrückung der Gesprächspausen zwischendurch.
Danach verabschiedeten wir uns und machten uns unter Führung von Jack auf zum Hörsaal, den wir bei unserem ersten Besuch gesehen hatten. Dan – er ist noch ein wenig größer als ich – entpuppte sich als echter Frauenmagnet. Sorry, Dan! Das musste mal gesagt werden! Es war schon seltsam, wenn DER Freund EINER Studentin für sie übersetzen musste, nur um Dan zu sagen, daß er „hübsch“ sei..... Dan – der Womanizer!
Schliesslich kamen wir nach einem Umweg durch den Waschraum – indem Dan sich mal schnell das Gesicht wusch und anschliessend in Schreck erstarrte, mangels Handtüchern – im Hörsaal an. Diesmal waren ca. 50 Studenten der älteren Jahrgänge anwesend. Man hatte um den Samstag gebeten, damit diese Studenten, die allesamt bereits Joberfahrung haben bzw. neben ihrem Job studieren, auch eine Präsentation bekommen können.
Alle waren älter und der Anteil männlicher Zuhörer deutlich höher. Wir wurden wieder von wohlwollendem Applaus empfangen – nicht ganz so enthusiastisch wie beim ersten Mal, aber immerhin.
Wir konnten die Themen und uns anscheinend interessant genug darstellen – es ist niemand eingeschlafen. Die Fragen waren deutlich schwieriger zu beantworten als beim letzten Mal und sehr wohl überlegt, formuliert und themenbezogen. Man hatte uns also auch gut verstanden.
Nach den obligatorischen Gruppenfotos ging es zurück für uns in unser Hotel und wir gaben Jack einen Sixpack Bier mit auf den Weg zurück. Man hatte uns verraten, daß die Jungs in ihrer „Zelle“ gerne mal Mahjongg (ja, daß gibt es in echt und als Brettspiel! Nicht nur auf dem PC!) spielen und dabei ein Bier trinken. Auf diesem Wege konnten wir uns hoffentlich für die Gastfreunschaft bedanken und die Jungs hatten an dem Abend etwas Spass zusammen.
Für uns hiess danach – ab unter die Dusche, rein in die Ausgehuniform („leichter Bieranzug“) und auf ins Restaurant nebenan. Susanne hatte Geburtstag und das sollte angemessen gefeiert werden.
Man hatte -welche Überraschung – ein HotPot Restaurant gewählt.... Wenn man die Frage abends in die Runde stellt: Wo sollen wir essen?“ - mindestens die Hälfte der Truppe brüllt „Hot Pot!!!!!!!“. Ich kann die Faszination für diese Abart europäischer „Heisser Stein“ Lokalitäten nicht teilen. Wenn ich in ein Restuarant gehe, mag ich mein Essen fertig serviert bekommen und nicht als „Bausatz“. Wie dem auch sei, überraschend war die neue Art des Hotpot – Induktionshotpot! Unter 2 Lagen Tischdecke versteckt gab es ein Induktionsfeld und Bedienelemente. Leider konnte man das nicht sehen... Wenn man also den HotPot etwas verschob verwandelte er sich ziemlich zügig in einen ColdPot.
Jeder schubste seine Essensfitzel also in seine Brühe – die hoffentlich noch kochte – und versuchte danach die noch weiter geschrumpften Teilchen mit Stäbchen nach „Fang den Fisch“ Manier wieder rauszufieseln. Besonders das in hauchdünne Scheiben geschnittene Fleisch (Rind oder Lamm) hat die Tendenz sich ganz ganz ganz schnell in fast nichts aufzulösen und es einem unmöglich zu machen es in der milchigen Brühe wieder zu lokalisieren. Fischfitzel (es gab eine Art Wels – das konnte man an dem auf dem Teller liegenden Kopf, den keiner Essen wollte erkennen) dürfen nur 10 sec rein - also gar nicht erst vom Stäbchen lassen! (Merkt man, daß ich HotPot Essen nicht mag oder muss ich noch deutlicher schreiben?) Irgendwann ist man hoffentlich satt. Wie beim Fondue.
Zum Dessert gab es einen zuckersüssen und fluffigen Kuchen, den Andrea organisiert hatte und nach einigen Happy Birthdays dazu angeschnitten und komplett verspeist wurde.
Einen Geburtstag mehrere tausend Kilometer entfernt von daheim lässt man logischerweise nicht so enden und in einem Taxicorso ging es ab in die „Discotheque 88“. Eine Art „Perkins Park“ von Shijiazhuang – auf jeden Fall angesagt.
Es zeigte sich, daß wir nicht nur beim bestellen von Essen massive Zeit zur gruppendynamischen Entscheidungsfindung verwenden können, sonder auch beim Betreten eines Clubs. Nach einiger Zeit haben wir uns einen Raum – daß ist für Gruppen hier so anscheinend üblich - einigen können. Es ging in den 3. Stock (!!!!!) der Disco und wir landeten in einer plüschsofa-umrandeten Karaokehölle! Der gequälte Barkeeper überreichte uns irgendwann die von uns georderten und in der Raummiete enthaltenen Getränke – nein, keine weiteren Details dazu – ein paar Teller mit aufgeschnittener Wassermelone (ohne die gar nix geht in China– im Restaurant war das schon „vom Haus für den Geburtstag!“ ) und Knabberzeug. Andrea legte los und durchforstete die Musikauswahl, während wir den Fehler bemerkten Duli an ein Mikro zu lassen. AUTSCH! Nach ein paar Drinks beschlossen wir nach unten zu gehen und zu schauen, was denn so im Tanzbereich los ist. Mittlerweile ist es Gewohnheit als einzige Ausländer irgendwo aufzutauchen und das erleichterte die Anwesenheit für uns ungemein.
Über den Rest der Geschichte, weiteren Karaoke Abenteuern und des Abends werde ich nicht weiter eingehen. Visuelle Eindrücke davon gibt es im Blog von Mukul (diese Lektüre lege ich allen, der englischen Sprache fähigen Lesern, dringend ans Herz!)
Zum Schluss verrate ich nur noch, daß wir alle gegen 02:30 Uhr in der früh heile zurück ins Hotel gefunden haben. ;-)
Hi Tom ... folgende Nachricht auch bekommen: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,764202,00.html ???
AntwortenLöschenDanke für Deine ausführlichen Berichte und Bilder auch. Gruss Sven
Hallo Sven! Die Nachricht machte bei uns noch keine Runde. Mangels dauerhaft verfügbarem Internet lese ich nur noch sporadisch News auf Spiegel.de. Aber schön zu sehen, daß ausser meiner Family noch wer mitliest! Da lohnt sich die Blog-Mühe!
AntwortenLöschenGruß
tom